Erste Bilanz der Wildlebensraumberatung
Landwirte auf dem Weg zu mehr Struktur und Artenvielfalt

Es tut sich etwas in Sachen Artenvielfalt auf den Feldern und Fluren im Zuständigkeitsbereich des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Bad Neustadt an der Saale. Hier haben inzwischen etwa 700 Landwirte rund 1.800 Hektar Ackerland zu Blühflächen umgewandelt.

Mit Feldtafeln wollen Landwirte Bürger auf Flächen aufmerksam machen, die gezielt zum Erhalt und zur Förderung der Artenvielfalt angelegt wurden. Eine davon steht am Radweg von Salz nach Strahlungen. Hier hat die Verwandtschaft von Lorenz Ofenhitzer Blühflächen angelegt. Der ausgebildete Landwirt und Agrarstudent nutzt als begeisterter Nachwuchsimker diese Blühflächen für seine Honigernte. Beim Fototermin stellt er eine neue Ableger-Beute für seine Bienen auf.

Gewinn für Landwirt und Natur
"Ich freue mich jedes Mal, wenn ich beobachte wie viele meiner Honigbienen sich in der Blühfläche zusammen mit Hummeln und Schmetterlingen tummeln", so Lorenz Ofenhitzer. Besonders schätzt er an den Blühflächen, dass sich hier auch Wildbienen ansiedeln und ungestört vermehren. In den ausgesäten Blühmischungen finden sich bis zu 44 ein- und mehrjährige Pflanzenarten, die fünf Jahre lang auf den Flächen stehen und nicht geerntet werden. So bieten sie vielen Insektenarten ganzjährig Wohnraum, Futter und Brutstätten. Als Einzelflächen zwischen abgeernteten Feldern würden sie zudem gerne von Wildtieren wie Rehen und Hasen zum Schutz vor Feinden, als Nahrungsquelle und zur Überwinterung angenommen, erläutert Lorenz Ofenhitzer.
Die Förderung der Biodiversität ist ein wichtiges Ziel der bayerischen Agrarpolitik. Mit dem Volksbegehren wurde die Wildlebensraumberatung an den Ämtern für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten deutlich ausgeweitet und gestärkt. Seit Anfang 2021 stehen nun am AELF Bad Neustadt/S mit Theresia Dietz und Wolfgang Klein zwei Ansprechpartner für Landwirte zur Verfügung, die in ihren Betrieben Lebensräume für Arten in der offenen Kulturlandschaft verbessern und neu schaffen möchten.
Erstes Modellgebiet
Das AELF hat sich dabei viel vorgenommen: Zum einen berät und unterstützt es Landwirte dabei, individuelle Maßnahmen zu finden, um die biologische Vielfalt zur fördern. Daneben soll im Raum Sulzfeld im Grabfeld ein erstes Wildlebensraum-Modellgebiet etabliert werden. "Wenn alle – Landwirte, Jäger, Imker, Kommunen und interessierte Bürger – an einem Strang ziehen, hat die Kulturlandschaft gute Chancen an Strukturreichtum und Biodiversität dazu zu gewinnen", so Oliver Kröner, Behördenleiter des AELF.
Wildlebensraumberaterin Theresia Dietz erklärt die Idee, die hinter den Modellgebieten steht: "Wenn einzelne Maßnahmen in der Landschaft gezielt miteinander vernetzt werden, wird die Wirkung der Einzelmaßnahme zusätzlich verstärkt." Die Wirkung sei dann größer als die Summe der einzelnen Maßnahmen. In den kommenden Jahren sollen durch die Strahlkraft der Modellgebiete in den Landkreisen Bad Kissingen und Rhön-Grabfeld weitere Initiativen angestoßen werden. "Wir haben uns ambitionierte Ziele gesetzt. Ich bin zuversichtlich, dass wir sie erreichen können, wenn engagierte Praktiker von ihren Erfahrungen berichten", so Theresia Dietz. Dann könnten weitere Akteure für die Idee gewonnen werden.
Wildlebensraumberater unterstützen
Weitere Maßnahmen können mehrjährigen Blühflächen bei der Förderung der Artenvielfalt ergänzen, beispielsweise der Erhalt und die Neuanlage von Hecken und Altgrasstreifen, die kleine Lebensräume für die Tiere bieten, oder der Anbau von Zwischenfrüchten. "Damit leisten die Landwirte weitere wertvolle Beiträge für mehr Struktur- und Artenvielfalt", erläutert Wildlebensraumberaterin Theresia Dietz. Eine intakte Biodiversität sei ein wichtiger Pfeiler, auf dem sich nachhaltige Landwirtschaft und Nahrungsmittelproduktion stützten. Viele der Maßnahmen dienten gleichzeitig auch dem Gewässer-, Boden- und Klimaschutz.
Um die Landwirte bei ihrem Engagement für mehr Biodiversität zu unterstützen, nutzen die Wildlebensraumberater des AELF Bad Neustadt an der Saale auch moderne Beratungswerkzeuge. So stellt beispielsweise die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) mit dem "Portal der Wildlebensraumberatung" eine digitale Landkarte zur Verfügung. Mit dieser erhalten Landwirte konkrete betriebsindividuelle Ideen und Empfehlungen, welche Maßnahme wo für sie geeignet ist und welche Wirkung sie auf die Struktur- und Artenvielfalt hat. Mit dieser smarten und praxisnahen Arbeitshilfe wird die Vernetzung von Lebensräumen und somit der Erhalt der Biodiversität noch gezielter als bisher gefördert.
"Wir können auf unseren Flächen beides"

Engagement wird finanziell unterstützt
"In Bayern schließen sich Nahrungsmittelproduktion und Schutz der Biodiversität nicht aus. Wir können auf unseren Flächen beides", lautet das Fazit von AELF-Leiter Oliver Kröner. Gleichzeitig weist er darauf hin, dass durch Maßnahmen für die Artenvielfalt die Erträge sinken, was bei den Landwirten zu finanziellen Einbußen führe. Die bayerische Landwirtschaftsverwaltung unterstütze daher das Engagement der Landwirte für mehr Artenvielfalt in der offenen Kulturlandschaft mit dem Kulturlandschaftsprogramm (KULAP) um geringere Erträge und Erlöse auszugleichen. Das KULAP werde ebenso wie das Vertragsnaturschutzprogramm der bayerischen Naturschutzverwaltung in den Landkreisen Bad Kissingen und Rhön-Grabfeld von den Landwirten sehr gut in Anspruch genommen.

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